Verfahren zur Schulung kindlicher Aufmerksamkeit und zur konzentrativen Selbstentspannung
Was ist AT für Kinder?
Im Alltag von Kindern und Heranwachsenden gibt es vielfältige Ablenkungen und häufig überfordernde Reizangebote. Vor diesem Hintergrund fördert AT den gesunden, eigenverantwortlichen und selbst gesteuerten Umgang mit auftretenden Spannungen, die Ausdruck von Überforderungen und damit einhergehender Probleme sind. Ganz nebenbei können Kinder durch AT auch lernen, sich bewusst im Wohlgefühl der Ruhe und des „entspannten Nichts-Tuns“ zu erleben. Diese Erfahrung kann Kindern helfen, Nischen der Ruhe für sich zu entdecken und auszubauen. Dabei lässt sich AT für Kinder als „im Selbst entstehende Entspannung“ definieren (siehe auch AT für Erwachsene). Mittels gelenkter Aufmerksamkeit (z.B. durch Phantasiegeschichten) entdecken Kinder zunächst, wie angenehme bildhafte Vorstellungen eine körperlich-seelische Entspannungsreaktion anregen. Dies wird durch die reichhaltige kindliche Fantasie unterstützt. Später präzisieren die Kinder diese entspannungsförderlichen Vorstellungen ggf. durch formelhafte Übungssätze, so dass sie lernen, durch Gedanken und Vorstellungen ihre Muskeln (Schwereempfindung), den Kreislauf (Wärmeempfindung) und die Arbeit der inneren Organe (Atmung, Herz, Bauch, Kopf) gezielt zu beeinflussen. Nach anfänglichem Vorsprechen der Geschichten bzw. den Formeln des AT durch den oder die Kursleiter/in, beginnt das Kind dann schrittweise die Anleitung zu übernehmen und sich selbst gedanklich vorzusprechen, bis es die Entspannung autogen, d.h. aus sich selbst heraus, herbeiführen kann. Durch wiederholtes Üben nimmt die Fähigkeit zur Selbstbeeinflussung immer mehr zu und wirkt steuernd auf die Erregung des vegetativen Nervensystems ein. In der Wechselwirkung zwischen gedanklichen Vorstellungen und den Veränderungen im Organismus kann sich schließlich die Wahrnehmung für die ganzheitliche Entspannung ausbilden.
Anwendungsgebiete & Wirkungsweise
Im Kindesalter und später für Heranwachsende ist eine systematisch erlernte und damit abrufbare Entspannung von Körper und Geist nützlich, um eine gesunde Entwicklung in einem stark durch Leistungsorientierung geprägten Alltag zu fördern und um eine ganzheitliche Gesundheit zu erhalten bzw. wieder herzustellen. Ruhe und Entspannung durch AT gezielt oder „zweckfrei“ zu erleben, fördert allgemein die Gesunderhaltung, den Selbstwert und die Lebensfreude. Es unterstützt das Gefühl, das eigene Leben selbstbestimmt und zufrieden gestalten zu können, wirkt Ängsten entgegen und stärkt die Abwehrkräfte des Körpers. AT hilft deshalb nachgewiesener Maßen auch Situationen mit hoher Stressbelastung und auftretende Probleme besser zu meistern. Stressbelastungen, bei denen AT zum Einsatz kommen kann, sind:
- Unmittelbar dann, wenn ein als belastend empfundenes Ereignis auftritt (Streit im Elternhaus, in der Gruppe der Gleichaltrigen oder in der Schule; Anstrengungen, die vom Kind als überfordernd erfahren werden)
- wenn schon im Vorfeld Stressreaktionen durch Gedanken und Empfindungen hervorgerufen werden (z.B. Erwartung einer Überforderung, die dem eigentlichen Ereignis vorausgeht wie etwa einer Klassenarbeit o.ä. nicht gewachsen zu sein)
- nachdem ein belastendes Ereignis erlebt wurde (Unglücke, Trennungen, vom Kind als Verletzung erlebte Begebenheiten)
Ebenso ist AT als begleitende Behandlungsmethode bei körperlichen und/oder psychisch bedingten Störungen bzw. Krankheiten wirksam (z.B. Verhaltensauffälligkeiten, psychosomatische Beschwerden und chronische Erkrankungen).
Wie läuft ein typischer Kurs/ Unterricht ab?
AT kann Kindern in kleinen Gruppen aber auch einzeln angeboten werden, wobei Kinder AT schneller erlernen, da sie im Vergleich zu Erwachsenen natürlicher und unbelasteter sind. Die Kurse zur Einübung umfassen i.d.R. 10 Sitzungen. Die Gruppenstärke ist auf bis zu 10 Kindern zu begrenzen, die Altersdifferenz soll 2 Jahre nicht überschreiten. Dabei sollte die Übungssituation allgemein soll so gestaltet sein, dass die Kinder zur Ruhe kommen können, denn eine gute Lernsituation fördert die selbstgesteuerte Festigung der Entspannungsreaktion mittels AT. Insbesondere für die kleineren Kinder (4-6 Jahre) erleichtern kindgerechte Geschichten, in die sprachlich dem Alter angepasste AT-Übungssätze eingebundenen sind, die Phase der Einübung. Bei Kindern im Vorschulalter kann eine kontinuierliche Einübung des Autogenen Trainings gemeinsam mit einer vertrauten Beziehungsperson sehr unterstützend wirken. Generell ist dabei eine ruhige, gewährende Partnerschaft mit dem Kind hilfreich, weil „ruhige Eltern (u.ä.) die Ruhe und Entspannung beim Kind fördern“. Deswegen sind eigene Erfahrungen mit Entspannungsverfahren (AT, Progressive Relaxation, Yoga) seitens der Bezugspersonen nützlich und hilfreich.
Für wen ist AT geeignet, für wen nicht?
Generell dient AT der Gesundheitsvorsorge zur Entdeckung der Wechselwirkung zwischen Körperempfindung und Gefühlen. In vielen Lebensbereichen, wie bereits angesprochen, bewährt sich AT als Bewältigungshilfe und als begleitende Methode bei der Behandlung hyperaktiver Kinder und chronischen Erkrankungen im Kindesalter. Kinder ab dem 4. Lebensjahr können AT erlernen. Voraussetzung zur Teilnahme an den AT-Übungen sind ausreichende intellektuelle und sprachliche Fähigkeiten. (Zu den Kontraindikationen siehe auch AT für Erwachsene).
Häufige Fragen zum AT und ihre Antworten:
Wer sollte AT für Kinder unterrichten? Nur erfahrene und speziell auf die besonderen Bedürfnisse des Kindes hin geschulte Kursleiter/innnen sind für die Leitung der AT-Einübungsphase geeignet.
Wie finde ich Kinder-Kurse für AT? Auf der Internetseite der Deutschen Gesellschaft für Entspannung befindet sich die Trainer/innen-Liste für Anbieter/innen des AT für Kinder.
Zur Geschichte des AT für Kinder:
Der Begründer des AT, zunächst für Erwachsene und Jugendliche, war in den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts J.H. Schultz (1884-1970, siehe auch AT für Erwachsene [verlinken]). Ärzte wie H.J. Schultz und G. Biermann begrenzten AT, aufgrund ihrer Annahmen zum erforderlichen Verständnis, auf 8-10-jährige Kinder. Erfahrungen mit der erfolgreichen Vermittlung des AT an Kinder vom 4. Lebensjahr an, durch die Psychologin A. Polender und die Ärztinnen G. Eberlein sowie W. Kruse, eröffnete in der Folge die Ausweitung des AT-Angebot auch an jüngere Kinder.
Literatur für AnwenderInnen:
Literatur für VermittlerInnen, TrainerInnen und DozentInnen/AusbilderInnen:
Literatur zur wissenschftlichen nachgewiesenen Wirksamkeit: